Es gibt offensichtlich grosse
Missverstaendnisse selbst unter Bankern ueber die Natur und die
Entstehung von Geld im bestehenden Geld- und Bankensystem. Dies liegt
vermutlich und z.T. daran, dass die Grundlagen der klasssischen
Geldtheorie zu einer Zeit gelegt wurden, in der die Goldbindung bestand.
Die Goldbindung verpflichtete das Bankensystem bei der Schoepfung von
Geld ein festgelegtes Verhaeltnis zwischen Geldmenge und Goldreserve
nicht zu ueberschreiten. Dieses als Goldstandard
bezeichnete System durchlief eine turbulente Geschichte und fuehrte in
die verschiedensten Krisen, die durch Waehrungsreformen nur teilweise
geloest werden konnten und letztendlich direkt in die
Weltwirtschaftskrise 1929, die Bankenkrise in Deutschland und
Oesterreich 1931 sowie in den zweiten Weltkrieg fuehrte. Nachdem zweiten
Weltkrieg wurde mit dem sog. Bretton Woods System
ein System fester Wechselkurse und Goldbindung des US$ als Leitwaehrung
etabliert. Diese Goldbindung wurde 1973 aufgegeben, da die USA
einseitig den Weg einer expansive Geldpolitik beschritten hatten, um den
Vietnamkrieg finanzieren zu koennen. Das war das Ende "echten Geldes",
welches demjenigen, der Geld akzeptierte, garantierte, dieses Geld zu
jeder Zeit in einem festgelegten Verhaeltnis in Gold eintauschen zu
koennen. In Folge wurde zu einem System meist freier Wechselkurse
uebergegangen. Dieser Uebergang ist aber offensichlich in der
Geldtheorie und in den Koepfen der Menschen bis heute nicht sauber
verarbeitet. Selbst manche Banker unterscheiden noch zwischen "echtem
Geld" und Kreditgeld. Dabei ist seit der Aufhebung der Goldbindung jedes
Geld Kreditgeld, das durch Zentralbanken und Geschaeftsbanken
geschoepft werden kann und geschoepft wird. Man spricht auch von Fiat
Money (fiat (lateinisch) = es werde), da es aus dem Nichts (ex nihilo)
entsteht. Seitdem gibt es nur noch physisches Geld in Form von
Banknoten, das nur durch die Zentralbank geschoepft werden kann und
Buchgeld aka Giralgeld, welches sowohl von den Notenbanken als auch von
den Geschaeftsbanken im Zuge der Kreditvergabe geschoepft werden kann.
Und zwar aus dem Nichts. Beim physischen Geld besogt das eine
Druckerpresse und die Schoepfung von Buchgeld ist ein Buchungsvorgang
innerhalb des Bankensystems bei dem im Zuge der Kreditvergabe zwei
Eintraege in der Bankbilanz (meist auf einem Computer gefuehrt)
entstehen. Auf Seiten der Aktiva eine Forderung der kreditgebenden Bank
gegen den Kreditnehmer und auf Seiten der Passiva ein entsprechend hohes
Guthaben auf dem Girokonto des Kreditnehmers. Die Hoehe der
Geldschoepfung ist bei der Zentralbank theoretisch unendlich und
praktisch nur duch die Faehigkeit der Kreditnehmer akzeptierte
Sicherheiten zu stellen begrenzt. Eine Forderung gegen die Zentralbank
gilt daher als die "sicherste" Sache innerhalb des Bankensystems, da die
Zentralbank nicht Pleite gehen kann, in dem ihr das Geld ausgeht. Die
maximale Hoehe der Geldschoepfung durch die Geschaeftsbanken ist
theoretisch durch drei Elemente begrenzt.
1.)
Durch das haftende Eigenkapital. D.h. die "risikogewichtete"
Bilanzsumme darf ein gewisses Verhaeltnis zum haftenden Eigenkapital
nicht uebersteigen, wobei auch noch verschiedene Kapitalarten (Tier1,
Tier2,...) unterschieden werden. Hier sind vor allem die Basel - II ,
-III Vorschriften zu nennen, die diese Begrenzung etablieren sollen.
2.)
Die Faehigkeit der Kreditnehmer der Bank Sicherheiten zu stellen. Hier
hat die Bank sehr weitgehende Spielraeume, was und wie weit sie
gestellte Sicherheiten als soche akzeptiert.
In
Deutschland war es zum Beispiel ueber lange Jahre ueblich beim privaten
Hausbau den Vorrangigen Eintrag in das Grundbuch als Sicherheit fuer
eine Hypothek in Hoehe von bis zu 60% des geschaetzten Verkehrswerts des
Grundstuecks (inkl. seiner Bebauung) zu akzeptieren. Dieser Prozentsatz
wurde aber immer wieder angehoben, in den USA im Lauf der
Immobilienblase z.T. auf 100% und mehr. Auch die Verkehrswertschaetzung
ist Angriffspunkt fuer Bestrebungen moeglichst viel Kredit
auszureichen/ausgereicht zu bekommen. Daher werden von serioesen Banken
vereidigte Sachverstaendige fuer diese Aufgabe herangezogen, die als
unbestechlich gelten.
Leider
ist es so, dass selbst Leiter des Kreditausschusses aber auch
Grosskunden einer Bank immer wieder versuchen Einfluss auf diese
Schaetzer zu nehmen, um ihre Interessen durchzusetzen. In diesem
Zusammenhang ist es interessant, dass bei Staatsanleihen die Funktion
der vereidigten Sachverstaendigen durch Ratingagenturen uebernommen
wird.
3.)
Mindestreserveanforderungen der Zentralbank (EZB bis Ende 2011 2%,
seitdem 1%). Hiermit verpflichtet die Zentralbank die Geschaeftsbanken
einen geringen Prozentsatz der Bilanzsumme als Forderung gegen die
Zentralbank= eine Einlage bei der Zentralbank und / oder Bargeld in Form
von Banknoten und Muenzen der ausgebenden Zentralbank zu halten.
Alle
drei Mechanismen stehen z.Zt. in Diskussionen, die die jeweilige
Wirksamkeit in Frage stellen. Tatsache ist, dass die Geschaeftsbanken
ihr eingesetzes Eigenkapital in erheblichem Umfang hebeln koennen. D.h.
die Bilanzsumme kann durch Kreditvergabe=Geldschoepfung auf ein
Vielfaches des eingesetzten Eigenkapitals ausgedehnt werden. Da das
Eigenkapital durch zugefuehrte Gewinne ebenfalls stark wachsen kann,
ergibt sich das Potential fuer ein exponentielles Wachstum, wie es auch
tatsaechlich zu beobachten ist (siehe M0 Base Money vs. M3).
Dieses
Potential der Geschaeftsbanken zur Geldschoepfung aus dem Nichts hat in
den vergangenen 15 Jahren zu mindestens drei grossen Krisen mit
verheerenden Folgen fuer die Realwirtschaft gefuehrt. Die Asienkrise
1997 in der sog. "Hot Money" zunaechst in die aufstrebenden Tigerstaaten
stroemte und dann in Folge einer Waehrungsspekulation gegen den
thailaendischen Baht panikartig zurueck gezogen wurde. Die sog. Dotcom
Blase, in der gigantische Geldmengen zunaechst in die aufstrebende
Internetindustrie gepumpt wurden, die sich dann ebenfalls panikartig
zurueck zogen, als klar wurde, dass diese Unternehmen niemals eine
Chance haben wuerden, Gewinne in entsprechender Hoehe zu generieren. Und
die sog. Sub Prime Hypotheken Krise, die sich inzwischen zu einer
Weltwirtschaftskrise ausgewachsen hat, in deren Folge nicht nur das
Projekt Europa an die Wand gefahren wurde, sondern auch die
wirtschaftliche Zukunft vieler weiterer westlicher Industriestaaten in
Frage gestellt erscheint.
Ursaechlicher
Kern dieser Krisen ist die Faehigkeit des Finanzsystems sehr schnell
sehr grosse Mengen Geldes bereit zustellen, um zunaechst in einer sich
selbstverstaerkenden Mitkopplung via Asset Price Inflation einen hoch
spekulativen Boom auszuloesen und zu unterstuetzen, der dann frueher
oder spaeter in sich zusammen brechen muss, und zu einem "Auschwingen"
dieser "Abrissbirne", wie Soros es mal genannt hat, fuehrt. Die
betroffenen Volkswirtschaften leiden dann unter einer sog.
Debtdeflation, die nicht nur die Auswuechse bereinigt sondern auch
verheerende Folgen bei ansich gesunden und wuenschenswerten
Entwicklungen hinterlaesst.
-
Der
skandaloese Fakt, dass die neoklassischen Theorien der
Volkswirtschaftslehre Banken nur als Durchreichestation von Ersparnissen
und Gewinnen hin zu Investitionen betrachten und das Potential zur
Geldschoepfung der Geschaeftsbanken und die Moeglichkeit einer
dynamischen sich selbstverstaerkenden Mitkopplung ueber Asset Price
Inflation nicht sehen und in ihren Modellen nicht beruecksichtigen,
macht die sog. Wirtschaftwissenschaften zu Mitschuldigen an diesen
Katastrophen. Denn was ist das fuer eine Wissenschaft, die das zentrale
Kommunikationsmittel Geld und seine Entstehung nicht verstanden hat und
nicht beruecksichtigt? Wie kann man einen Menschen verstehen wollen,
ohne sein zentrales Nerven- und Kommunikationssystem in die
Betrachtungen einzuschliessen? Das ist mir bis heute schleierhaft. Es
gibt nur einen Oekonomen, der dies zu beheben sucht. Und das ist Steve
Keen. Selbst Nobelpreistraeger wie Paul Krugman stellen sich auf diesem
Auge blind.
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Das
Banker und Zentralbanker sich der Einsicht verweigern, dass seit der
Abschaffung des Breton Woods Systems Geld nicht mehr ausschliesslich die
Weiterreichung eines Anrechts auf ein reales in begrenzter Menge
vorhandenen Gut in Form von Gold darstellt, sondern inzwischen stark
ueberwiegend Kreditgeld ist, das aus dem Nichts geschoepft wird, ist nur
mit der fuer sie daraus entstehenden Macht und der Moeglichkeit der
Erzielung enormer Profite zu erklaeren. Dabei hat schon Ludwig v. Mises
in seiner Theory of Money and Credit
die Moeglichkeit der Banken zum "...granting of credit through the
issue of fiduciary media, that is, notes
and bank balances that are not covered by money." hingewiesen. Dabei
ging er natuerlich bei "money" vom durch Gold gedeckten Geld seiner Zeit
aus.
"The business of banking falls into two distinct branches: the
negotiation of credit through the loan of other people's money and the
granting of credit through the issue of fiduciary media, that is, notes
and bank balances that are not covered by money. Both branches of
business have always been closely connected. They have grown up on a
common historical soil, and nowadays are still often carried on together
by the same firm. This connection cannot be ascribed to merely external
and accidental factors; it is founded on the peculiar nature of
fiduciary media, and on the historical development of the business of
banking."
Das
in der heutigen Zeit "Echtes Geld", also durch Gold gedecktes Geld
nicht mehr existiert und nur noch "fiduciary media" = treuhaenderisch
verwaltete Medien = treuhaenderisch verwaltetes Buchgeld, wie er es
nannte, existiert, wurde einfach "uebersehen" und nicht in die Theorien
eingearbeitet. Das ist verheerend, da die Implikationen und Versuchungen
die daraus entstehen massive Auswirkungen auf die Qualitaet der
wirtschaftlichen Entwicklung und die Entstehung von Krisen haben.
Sapere Aude!
Georg Trappe